Brustgeschirr statt Halsband ??? Ein Umdenken ist erforderlich !!!
Ich als Hundetrainer empfehle das Tragen eines Brustgeschirrs.
Viele Studien haben gezeigt, dass es sowohl viele gesundheitliche Faktoren wie auch genug andere Faktoren gibt, die überzeugen, und auf jeden Fall für das Brustgeschirr sprechen. Diese Faktoren möchte ich Ihnen gerne aufzeigen:
- Die Wirbelsäule eines Hundes ist genauso aufgebaut wie die menschliche Wirbelsäule und ist einer der empfindlichsten Bereiche des Körpers. Verspannungen in diesem Bereich führen zu ähnlichen Symptomen wie beim Menschen: Kopfschmerzen, Schwindel, Rückenschmerzen, Schmerzen an der Halswirbelsäule. Bei Arbeiten mit Leinenruck oder z. B. einem Kettenhalsband kann es je nach Einwirkung bis hin zu Bandscheibenverschiebungen kommen. Viele HWS-Erkrankungen bei Hunden finden hier ihren Ursprung. Diese Symptome lösen oft auch aggressive Verhaltensweisen aus.
- Der Druck des Halsbandes beeinträchtigt nicht nur die Halswirbelsäule, sondern auch den Kehlkopf und die oberen Atemwege. Dies kann zu Kehlkopfentzündungen führen und die Schilddrüse und somit ihre Funktion beschädigen.
- Das Ziehen am Halsband erhöht den intraokularen Druck (Augeninnendruck) massiv. Dies ist besonders für Hunde von Bedeutung, die aufgrund ihrer Rasse oder Anatomie zum Glaukom (grüner Star) neigen.
Trägt der Hund ein gut sitzendes Brustgeschirr, liegt der Druckpunkt auf dem Brustkorb und nicht mehr auf der Halswirbelsäule. Dadurch werden sowohl die Brustwirbelsäule als auch die oberen Atemwege, der Kehlkopf und die Schilddrüse entlastet. Ebenso verändert sich der Augeninnendruck durch den Zug am Geschirr nicht.
- Der Hals als soziales Organ des Hundes sollte vor unnötigen Einwirkungen geschützt werden. Der Hals spielt in der taktilen Kommunikation der Hunde eine entscheidende Rolle: Berührungen an der Oberseite des Halses drücken in der Hundesprache Dominanz aus. Berührungen an der Unterseite des Halses dagegen Subdominanz/Unterwerfung. Die Seitenpartien des Halses sind nur ganz guten Freunden vorbehalten (Pflegeverhalten). Berührungen mit der Seitenpartie des Halses werden auch häufig von Rüden beim Umwerben einer Hündin oder als Spielaufforderung gezeigt. Durch häufigen Druck durch das Halsband können diese empfindlichen Bereiche abstumpfen, da dort nun ständige Impulse gegeben werden.
- Durch die Einwirkungen der Leine am Halsband und somit am Hals des Hundes können bei Hundebegegnungen Irritationen in der Kommunikation des Hundes entstehen. Der Zug am Halsband verändert die Körpersprache und lässt ihm wenig Freiraum, diese selbstständig der Situation anzupassen, so dass dieser vom Gegenüber missverstanden werden kann.
Das Brustgeschirr verschont die für taktile Kommunikation wichtige Halsregion und lässt mehr Raum für ein differenzierteres Ausdrucksverhalten, während Hundebegegnungen an der Leine.
- Beim Hund können Fehlverknüpfungen entstehen. Wenn er an der Leine ist und zu einem anderen Hund hinlaufen will, spannt sich die Leine und bereitet ihm Schmerzen. Der Hund kann den Schmerz mit dem Sehen des anderen Hundes verknüpfen. Wiederholt sich diese Situation häufiger, äußert sich dies nicht selten in einer sogenannten Leinenaggression gegenüber Artgenossen.
- Den recht unangenehmen Auswirkungen durch das Tragen eines Halsbandes versucht der Hund sich oftmals zu entziehen. Dies versucht er durch die Flucht nach vorn – so entsteht das Ziehen an der Leine. Oft wird nun versucht, dem Hund durch Leinenruck dieses Ziehen abzugewöhnen. Der unangenehme Leinenruck wird vom Hund, da er einen Impuls an der Halsunterseite bekommt, als plötzlicher Angriff angesehen und löst so eine erneute Fluchtreaktion aus. Häufig gibt es aus diesem Kreislauf kein Entkommen mehr.
- Das Tragen eines Brustgeschirrs birgt noch weitere Vorteile. Das Brustgeschirr hat einen Rückensteg, an dem man viel besser und schneller nach dem Hund greifen kann, wenn es die Situation erfordert, ohne ihn zu strangulieren oder zu ängstigen. Dieser Griff ist, besonders bei langhaarigen Hunden, viel besser zu erreichen als ein Halsband, das irgendwo im dichten Fell liegt. Für den Hund ist das Halten am Rückensteg ebenfalls viel angenehmer. Verletzungen an der Hand des Hundehalters durch einen sich im Halsband windenden Hund werden vermieden
Durch das Tragen eines Brustgeschirrs wird der unangenehme Druck vom Hals des Hundes genommen. Bei ca. 20% der Fälle gibt sich das Ziehen durch das Tragen eines Brustgeschirrs von ganz allein, mit dem entsprechenden Programm zur Leinenführigkeit ist dem Hund das Ziehen an der Leine auch ohne Leinenruck abzugewöhnen.
Beim Kauf und Anpassen eines Brustgeschirrs sollten folgende Dinge beachtet werden:
- Es sollte aus weichem, leichtem Material sein, das sich dem Körper anpasst. Das Material und auch die Nähte dürfen nicht einschneiden. Nylongeschirre haben sich besser bewährt als Ledergeschirre.
- Das Material sollte waschbar sein
- Die Verschlüsse sollten haltbar, strapazierfähig und der Körperform angepasst sein (abgerundet)
- Der Rückensteg sollte fest vernäht sein, damit er beim Laufen nicht hin und her rutscht.
- Das Geschirr sollte von zwei Seiten zu öffnen sein, damit der Hund nicht mit der Pfote „einsteigen“ muss. Dies kann bei Verletzungen, oder alten Hunden zum Problem werden.
- Der Rücken- und der Bauchsteg sollten lang genug gearbeitet sein. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die Verstellbarkeit des Bauchsteges. Ist er zu kurz, kommen die Seitenteile zu nah hinter den Ellbogen hoch und können dort scheuern. Optimal sitzt das Geschirr, wenn zwischen Ellbogen und Seitenteilen etwa eine Handbreit Platz ist.
- Die Breite der Gurte sollte dem Gewicht des Hundes angepasst sein.
- Manche Hunde, die das Tragen eines Brustgeschirrs noch nicht gewohnt sind, knabbern gern an den Stoffgurten herum. Deshalb sollte der Hund besonders in der Gewöhungsphase nicht mit dem angelegten Geschirr allein gelassen werden. Es sollte immer nur unmittelbar vor dem Spaziergang angelegt und sofort nach Beendigung des Spazierganges wieder abgenommen werden.
Mittlerweile bietet der Markt eine Unmenge an verschiedenen Geschirren, die man ganz individuell für seinen Hund aussuchen sollte. Gerne stehe ich Ihnen bei der Auswahl mit Rat und Tat beiseite.